Die Geschichte unserer Gemeinde
Die Geschichte der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Lage
Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Lage blickt auf eine lebendige und vielfältige Geschichte zurück, die im ausgehenden 19. Jahrhundert ihren Anfang nahm. Während die reformierte Marktkirche St. Johann auf eine über tausendjährige Tradition zurückschaut, ist die lutherische Gemeinde in Lage im Vergleich noch jung. Ihre Gründung ist eng mit dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel verbunden, den die Region im Zuge der Industrialisierung erlebte.
Die Anfänge (1896–1898)
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs die Zahl der Lutheraner in Lage durch den Zuzug von Bahnangestellten und Handwerkern aus Westfalen und Hannover. Zunächst wurden Gottesdienste sporadisch durch Geistliche aus Detmold in der reformierten Kirche abgehalten. Doch der Wunsch nach eigenem Raum und geistlicher Selbstständigkeit wurde bald stärker.
Am 31. Oktober 1896, dem Reformationsfest, fand der erste eigene Gottesdienst der lutherischen Christen in einem angemieteten Raum in Lage statt. Dieses Datum gilt als Gründungszeitpunkt der Gemeinde. Die Zahl der Gemeindeglieder stieg rasch, und bereits 1897 wurde ein Kirchbauverein gegründet.
Mit großem Engagement und finanzieller Opferbereitschaft gelang es, ein Grundstück am Sedanplatz zu erwerben und innerhalb eines Jahres den Bau einer kleinen Kirche zu realisieren. Der feierliche Grundstein wurde am 30. Mai 1898 gelegt, die Einweihung erfolgte am Reformationstag desselben Jahres.
Wachstum und geistliche Entwicklung
Obwohl die neue Kapelle einen festen Ort für das Gemeindeleben bot, blieb Lage zunächst eine Filialgemeinde von Detmold. Die ersten Geistlichen waren Hilfsprediger oder Pfarramtskandidaten. Erst 1899 erhielt die Gemeinde mit Pastor Dietrich Speckmann einen ersten ordinieren Seelsorger. In den folgenden Jahren entwickelte sich ein reges Gemeindeleben mit Kirchenchor, Familienabenden und festlichen Gottesdiensten.
Bis zum Jahr 1906 war die Zahl der Gemeindeglieder auf über 1.000 angewachsen. Dennoch blieb die rechtliche und organisatorische Eigenständigkeit begrenzt. Erst 1918 wurde ein eigenes Kapellenstatut genehmigt – ein Schritt hin zu mehr Selbstverwaltung.
Zeit des Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg
In den 1930er Jahren stand die Gemeinde – wie viele andere – im Spannungsfeld zwischen Anpassung und Widerstand. Besonders der Pfarrvikar Wilhelm Viertmann, der 1936 eine mutige Reformationspredigt gegen die ideologische Vereinnahmung durch die „Deutschen Christen“ hielt, wurde zur Symbolfigur des kirchlichen Widerstands in Lage. Er wurde inhaftiert und aus Lippe ausgewiesen. 1942 fiel Viertmann als Soldat an der Ostfront. Eine Bronzetafel in der Kirche erinnert bis heute an ihn.
Am 22. Februar 1945 wurde die Kapelle beim Bombenangriff auf Lage zerstört. Die Gemeinde war über Jahre auf Gastfreundschaft anderer Kirchen angewiesen.
Eigenständigkeit und Neubeginn (1946–1951)
Mit dem starken Wachstum durch Heimatvertriebene und Flüchtlinge aus den Ostgebieten wurde die Gemeinde 1946 endlich als eigenständige lutherische Kirchengemeinde anerkannt – innerhalb der lutherischen Klasse der Lippischen Landeskirche. Der Kirchenvorstand erhielt erstmals volle Verantwortung.
Der Wiederaufbau der Kirche wurde mit großem Engagement betrieben. Am 1. Oktober 1950 wurde der Grundstein für das neue Gotteshaus gelegt. Die Einweihung der neuen Kirche am Sedanplatz erfolgte am 30. September 1951, gefolgt vom Turmbau und der Glockenweihe 1952. Das Gebäude wurde schnell zu einem festen, geistlichen Zentrum in Lage.
Gemeindeleben in der Nachkriegszeit
Unter Pfarrer Günther Winckler, der von 1948 bis 1973 in Lage wirkte, entwickelte sich ein vielfältiges Gemeindeleben. Trotz innergemeindlicher Spannungen, Auseinandersetzungen mit der Landeskirche und personeller Wechsel gelang es, Strukturen aufzubauen und neue Angebote zu schaffen. 1961 wurde das Jugendheim eingeweiht, 1963 eine zweite Pfarrstelle geschaffen.
1967 erhielt die Kirche den Namen „Heilig-Geist-Kirche“, als Ausdruck ihres geistlichen Auftrags.
Weichenstellungen in den 1970er und 1980er Jahren
Die Gemeinde wuchs bis in die 1970er Jahre auf rund 5.000 Mitglieder an. Es entstanden neue Gruppen, Kreise und musikalische Angebote. Probleme wie Spannungen zwischen den Pfarrämtern, Raumnot und der Umgang mit der Jugend prägten die Zeit, wurden aber aktiv angegangen.
1983 wurde die Kirche renoviert. 1986 feierte die Gemeinde ihr 40-jähriges Bestehen als eigenständige Gemeinde. In einem Festgottesdienst wurde auch Pastor Wilhelm Viertmann durch die Enthüllung einer Gedenktafel posthum geehrt.
Neue Wege seit den 1990er Jahren
Ab den 1990er Jahren stabilisierte sich die Gemeindeleitung. Die Zusammenarbeit zwischen den Pfarrern und die Einbindung engagierter Ehrenamtlicher trugen zur Konsolidierung bei. Die Renovierung des Altarraums 2001 verlieh dem Kirchenraum eine neue, moderne Ausstrahlung.
Ein besonderer Fokus entwickelte sich in der Partnerschaft mit der Gemeinde Cambine in Mosambik, die seit den 2000er Jahren besteht. Neben dem Austausch stehen konkrete Hilfsprojekte wie der Ausbau von Solarenergie und Wasserversorgung im Mittelpunkt.
Erneuerung des Kirchenraums und künstlerische Akzente
Im Jahr 2001 wurde der Altarraum der Heilig-Geist-Kirche grundlegend umgestaltet. Der Altar wurde nach vorne versetzt, wodurch er nun umrundet werden kann und im hinteren Bereich Platz für kirchliche Handlungen entstand. Die neue, gewölbte Decke verleiht dem Raum einen harmonischen und feierlichen Abschluss.
Ein besonderes Zeichen spiritueller und künstlerischer Erneuerung ist das Holzkreuz „Strahlende Liebe“, das 2002 vom Künstler Tobias Michael aus Lauter (Sachsen) geschaffen wurde. Dieses Kreuz prägt seither die Ausstrahlung des Altarraums auf besondere Weise. Es steht symbolisch für das Zentrum des christlichen Glaubens – die Liebe Christi – und verleiht dem Raum einen modernen, ausdrucksstarken Akzent, der die Verbindung zwischen Kunst und Theologie sichtbar macht.
Gemeinde heute – „Mitten im Leben“
Die Gemeinde gibt seit 2008 den Gemeindebrief „Mitten im Leben“ heraus – als Fenster nach außen und als Plattform für Information und Teilhabe. 2014 wurde eine erste umfassende Gemeindekonzeption erarbeitet, die die geistlichen und organisatorischen Leitlinien der Gemeindearbeit in einer sich wandelnden Gesellschaft formuliert.
2014 zählte die Heilig-Geist-Kirche etwa 2.800 Gemeindeglieder. Ein großer Teil davon gehört zur Generation der sogenannten „Jungen Alten“, die sich aktiv und ehrenamtlich einbringen. Der Lagenser Ökumenische Kirchentag im September 2014 unter dem Motto „Glauben (er)leben“ war ein starkes Zeichen des Miteinanders mit anderen Konfessionen.
Die Gemeinde wird getragen durch das Zusammenwirken von Pfarrerinnen und Pfarrern, Prädikanten, Kirchenmusikern, Gruppenleitenden und vielen ehrenamtlich Engagierten. Gemeinsam gestalten sie ein lebendiges, geistliches und gesellschaftlich offenes Gemeindeleben, das sowohl Tradition als auch Zukunft im Blick behält.
2023 – Abschied nach 37 Jahren Dienst in Lage
Im Jahr 2023 markierte ein bedeutendes Ereignis die Geschichte der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Lage: Pfarrer Richard Krause, der seit 1986 in der Gemeinde wirkte, wurde nach 37 Jahren treuen Dienstes in den Ruhestand verabschiedet.
Sein Wirken begann zunächst als Pfarrvikar, bevor er 1988 offiziell die Pfarrstelle II übernahm. In einer Zeit innergemeindlicher Spannungen und personeller Umbrüche brachte er Stabilität, Ausgleich und eine große seelsorgerliche Präsenz mit. Mit seiner offenen, zugewandten Art und seinem festen theologischen Fundament prägte er über Jahrzehnte das Gemeindeleben maßgeblich mit.
Pfarrer Krause begleitete Generationen von Gemeindegliedern durch Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Beerdigungen. Er war verlässlicher Ansprechpartner, geistlicher Begleiter und treuer Prediger des Evangeliums. Auch auf übergemeindlicher Ebene übernahm er Verantwortung, unter anderem als stellvertretender Superintendent der lutherischen Klasse innerhalb der Lippischen Landeskirche.
Der feierliche Abschiedsgottesdienst im Jahr 2023 war geprägt von großer Dankbarkeit, persönlicher Wertschätzung und sichtbarer Anteilnahme aus der Gemeinde. Mit dem Ruhestand von Pfarrer Krause endete eine außergewöhnlich lange Amtszeit, die in ihrer Kontinuität und Tiefe in der Geschichte der Gemeinde herausragt.
Die Kirchengemeinde bleibt geprägt von dem, was in diesen Jahrzehnten gewachsen ist: Vertrauen, Offenheit und ein gelebter Glaube – ganz im Sinne des Dienstes von Pfarrer Krause.
Mit dem Ruhestand von Pfarrer Krause begann ein neuer Abschnitt: Pfarrerin Renate Kersten wurde zur Nachfolgerin auf der Pfarrstelle berufen und trat ihren Dienst im Herbst 2023 an. Sie bringt neue Impulse, langjährige Erfahrung und eine offene, zugewandte Art mit in die Gemeindearbeit. Der Übergang wurde bewusst gestaltet und von der Gemeinde mit großer Offenheit und Freude aufgenommen.
So setzt die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Lage ihre Geschichte fort – im Vertrauen auf Gottes Leitung, in der Dankbarkeit für das Vergangene und mit Hoffnung auf das, was kommt.
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